Im Bus nach Kambodscha
Der Bus nach Phnom Penh sieht recht
komfortabel aus, es gibt Wasser und etwas Gebäck. Wir brauchen
einige Zeit, um der 8-Millionen-Stadt zu entrinnen und im
geografischen Nirgendwo Richtung kambodschanische Grenzstation zu
steuern. Die Angestellten der Busgesellschaft haben vorher unsere
Pässe eingesammelt und die Visa-Angelegenheiten für uns geklärt.
Das Visum kostet 20$ und ist problemlos an der Grenze zu haben. Die
Kontrolleure rufen unsere Namen auf, es werden Fingerabdrücke
genommen und ein schickes Foto geschossen.
Dann geht es durch eine
Tür an der „Quarantäne“ geschrieben steht. Ein Mann mit
Mundschutz sagt etwas zu mir, dass sich wie „hair check“ anhört
(wohl aber Health-Check meint) und ich hoffe, dass mein
Drei-Tage-Bart den kambodschanischen Einreisebestimmungen genüge
tut. Er hält mir einen Laserpointer an die Backe und auf einem
Display erscheint eine Zahl, die dem Beamten offenbar gefällt,
sodass ich passieren darf; schön wenn man gesund ist. Ich frage
mich, ob sie hier in der Medizin Lichtjahre voraus sind, oder, ob sie
mich veräppeln wollen.
Wir steigen wieder in den Bus und fahren
unmittelbar hinter der Grenze an einigen riesigen Casino-Hotels
vorbei, die in karger Landschaft völlig alleine stehen. Ohne es
wissen zu müssen, kann man wohl davon ausgehen, dass Glücksspiel
für Vietnamesen nicht zu den legalen Vergnügungen gehört. Weiter
geht es auf einer einigermaßen asphaltierten Landstraße durch eine
unwirkliche Landschaft aus Staub, Dreck und vereinzelten Palmen. Bald
sehen wir die ersten Hütten und Farmen am Straßenrand, die sich die
restlichen 3 Stunden bis nach Phnom Penh in dieser Weise fortführen.
Die Holzhütten sind meist auf Stelzen gebaut, um in der Regenzeit
vor den Fluten des, noch kleinen, Flusses zu schützen, der den
Siedlungen entlang der Straße als Lebensader dient. Kühe und Rinder
laufen auf der Straße, 50 Leute fahren mit einem Pick-up, der zu
einem rollenden Käfig umfunktioniert wurde und die seltsamsten,
selbstgebauten Fahrzeuge sind zu bestaunen. Das beeindruckendste sind
jedoch die prächtigen, goldenen Pagoden die völlig
selbstverständlich die Landschaft zwischen den ärmlichen Hütten
aus Holz und Blech füllen.
Phnom Penh
Als der Bus in der Hauptstadt Phnom
Penh anhält und uns ausspuckt in die Undurchsichtigkeit des
Großstadt-Molochs, werden wir sofort von einem Tuk-Tuk-Fahrer in
Empfang genommen. Wir wollen nicht überrumpelt werden und gehen erst
mal ein Stückchen weiter, um uns dann doch für $2 durch die Stadt
fahren zu lassen, um ein Hostel zu finden, dass uns die Nacht über
beherbergen möchte. Nach einigen Fehlversuchen finden wir dann
schließlich ein kleines Zimmer, dass uns nach etwas Handeln $12
kostet. Das Zimmer hat zwar kein Fenster, dafür aber reichlich
Schimmel an der Decke. Wir sind an unserem ersten Tag noch fit und
sehen das Zimmer als Chance "landestypisch" zu nächtigen.
Phnom Penh ist eine von den Franzosen
gestaltete Stadt, die allerdings nichts Koloniales mehr hat und je
nachdem wo man ist, eher wie ein großes Slam scheint. Am Rande der
Stadt fließt der Tonle Sap Fluss in den gewaltigen Mekong. Der
Uferpromenade merkt man die Armut des Landes nicht an, sie
präsentiert sich hell gepflastert mit Palmen und gepflegten Beeten
wie eine Flaniermeile in Südfrankreich oder Kalifornien. Eine Gruppe
von Menschen macht Fitnessübungen zum Takt der Diskomusik, die aus
dem Ghetto-Blaster dröhnt und Kinder spielen mit allem was sie so
finden. Auf der anderen Straßenseite befindet sich eine große
prachtvolle Pagode umgeben von einigen anderen Tempeln eingeschlossen
von einer großen Mauer, die der Tempelanlage das Erscheinungsbild
einer kleinen Stadt in der Stadt gibt. Wir wagen uns nicht so richtig
auf den Hof, da wir außer uns keine Touristen erkenne können. die
Mönche lächeln aber freundlich und bitten uns die vielen Stufen
hinauf zum Haupttempel, während andere in einer Hollywoodschaukel
sitzen und Tee schlürfen. Ein relativ junger Mönch gewährt uns
einen Einblick in den Gebetsraum und ist sichtlich froh darüber,
sein erlerntes Englisch anwenden zu können. Ich unterhalte mich
etwas mit ihm, bis er mich unterbricht, weil er gerne noch einen
weitere Gast begrüßen möchte. Ich schließe mich wieder Sandhya
an, die schon etwas voraus war und wir treffen auf einen weiteren
Mönch, der schon älter ist und sich auf seinen urigen Gehstock
stützt. Wir werden zusammen mit einem Rentnerpärchen durch die
Pagode geführt und haben die Chance etwas über das Leben der Mönche
im Kloster zu erfahren. Zum Beispiel, dass sich die meisten wegen des
Studiums für das Mönchsdasein entscheiden und nicht etwa auf Grund
irgendwelcher Erleuchtungen. Kambodscha ist eines der ärmsten Länder
der Welt und das Klosterleben bring sichere Verpflegung und Ansehen
mit sich. Keine schlechte Sache, vor allem für junge Männer vom
Land. Unter dem Dach der Pagoda zeigen uns die Mönche einen großen
Raum, der erst seit 2 Monaten geöffnet ist und erzählen uns,
dass sie drei Tage brauchten um den Boden von Vogelkot zu
befreien. Leider gibt es kein Licht, sodass ich die große
Buddhastatue und die tollen Wandverzierungen, die Geschichten aus dem
Buddhismus erzählen, mit meinem Handy anleuchten muss, was aber
eine besondere Atmosphäre erzeugt. Die Klosteranlage zählt nicht zu
den Haupt-Sehenswürdigkeiten der Stadt, ist aber gerade deshalb ein
wirklich ganz besonderes Erlebnis fern von touristischen Einflüssen.
Am Abend machen wir uns auf der Suche
nach etwas Essbarem auf den Weg ins Barviertel, indem sich unser
Hostel glücklicherweise schon befindet. Hier befinden sich
hauptsächlich die Unterkünfte der Rucksacktouristen. Hier gibt es keine Trennung zwischen Bar- und Rotlichtviertel.
Fast alle Bars hier sind „Hostessenbars“, was einfach heißt,
dass man sich hier bei Interesse den Weg in bestimmte Etablissements
sparen kann, da die relativ leicht bekleideten Mädchen bereits
zwischen den Gästen sitzen. Wir versuchen ein Lokal ausfindig zu
machen, indem man uns ohne Hintergedanken die Speisekarte reicht und
bestellen zweimal Pizza und Cocktails. Von der Terrasse aus haben wir
einen guten Blick auf die Geschehnisse um uns herum und vor allem ins
gegenüberliegenden Lokal, wo einige betagte Touristen von einer
Vielzahl deutlicher attraktiverer, junger Damen umgeben sind; sicher wegen der feinen Charaktere der älteren Herren. Am Nebentisch
verkauft ein Straßenhändler Spieße, die ich sonst nur als
Äskulapstab von Krankenwagen kannte. Die feundliche Kellnerin bemerkt unsere
erstaunten Blicke und bietet uns einen solchen zum Probieren an. Wir
sehen heute beide keinen Bedarf an einer Schlange zu kauen und lehnen
- obwohl die Schlange mich erwartungsvoll anzusehen scheint –
dankend ab. Nachdem wir Pizza und Cocktail verzehrt haben, werden wir
von der Sängerin gebeten uns drinnen an die Bar zu setzen, damit wir
der Musik lauschen können und sie nicht für sich alleine singen
muss. Wir kommen mit allen Angestellten schnell ins Gespräch, was
auch an unserer Kamera liegt, die die Mädchen immer wieder suchen,
und in der Pause nimmt Toni, die Sängerin und eine kräftige
herzliche Frau, unsere Musikwünsche entgegen. Wir tauschen
Kontaktdaten aus und werden vom gesamten Personal mit Umarmungen
verabschiedet, bevor Toni ihre Performance in der Mitte unterbricht,
um das Gleiche zu tun.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen