Ein guter Tag
Der Tatsache geschuldet, dass ich trotz
des Unterrichts, mit verbundener Müdigkeit
wieder erst gegen 4 den Weg ins Bett gefunden habe, beginnt mein Tag
erst um die Mittagszeit. Es ist Wochenende, also kein Grund für schlechtes Gewissen. Ich sitze an meinem Laptop um meine Mails
abzurufen. Kein beiläufiges Unterfangen bei gefühlter 32k-Übertragung. Der
Rechner zelebriert das Öffnen jeder Nachricht, während ich
gelangweilt auf und ab gehe und versuche, dass ein oder andere zu
erledigen. Von einem ohrenbetäubenden Rauschen werde ich aus meiner
E-Mail-Lethargie gerissen. Ich ducke mich reflexartig, die Decke stürzt ein, denke ich. Ich gucke nach draußen, ob eventuell
ein LKW seine Ladung Kies vor das Haus schüttet. Es regnet jedoch
einfach nur monsunartig. Ich ziehe den Vorhang wieder zu und schüttle
etwas betroffen den Kopf. Ich fühle mich ziemlich europäisch; etwas dämlich. Ich denke darüber nach, dass die
Blechbauweise des Vordaches für den hohen Geräuschpegel
verantwortlich ist. So muss ich mich weniger schämen.
Vor der Tür bietet sich mir ein völlig
verändertes Bild der Stadt. Die Temperatur ist angenehm, die Farben
sind satter, der Smog scheint verflogen und mit ihm alle graue
Tristesse. Es scheint, als sei die ganze Stadt einmal kräftig durch
gespült worden. Wurde sie schließlich auch für etwa eine Minute;
mehr war es nicht. Ich suche zielgerichtet das „Highland Coffee“
auf, eine Art Starbucks, um einen guten Café zu trinken und etwas
Kleines zu Essen. Nicht nur die Stadt, auch die Menschen scheinen ausgewechselt. Von zwei Vietnamesinnen werde ich hinter der Theke direkt mit
einem verschämten Gekicher und Lächeln begrüßt. Zudem sprechen
sie ein klein bisschen Englisch. Es wird ein guter Tag. Ich bestelle
meinen Café und werde gebeten mich zu setzten. Ich suche mir einen
Platz an einem Tresen mit Blick aus dem Fenster Richtung Straße. Im
Hintergrund läuft beschwingt leichte Jazz-Musik, während ich dem
Treiben auf der Straße zusehe. Die Menschen scheinen sich für das Wochenende schick gemacht zu haben und sehen viel fröhlicher aus, als
die Tage zuvor. Ich unternehme eine kulinarische Zeitreise in die
koloniale Vergangenheit Vietnams; ich bestelle Crock Monsieur und
bekomme French-Toast mit Pommes. Eine solide Sache. Beim Bezahlen
bitte ich die Kellnerin, zu ihrer Freude, mich bei der Aussprache des
vietnamesischen Danks zu korrigieren. Ich wende das gerade Gelernte
an und verabschiede mich.
Sightseeing
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Notre Dame |
Der Platz vor der Basilika mit seiner
Marienstatue, dem angrenzenden alten Hauptpostamt und den vielen
altehrwürdigen Hotels versprüht den Charme der alten Kolonialzeit.
Weiter der Straße in Richtung Saigon River folgend, werden sowohl
Leute als auch Läden schicker. Riesige Shoppingtempel reihen sich
neben französische Restaurants, die mit viel Prunk und Weißgold
locken. In einem trägt ein Kellner eine französische
Kolonialuniform mit entsprechendem Tropenhelm. Als ich mir das Hotel
Caravelle etwas näher anschauen möchte werde ich auf eine
Leuchtreklame aufmerksam, die deutsches Bier verspricht. Dahinter ist
das „Bräuhaus“ (was das „ä“ soll, weiß ich nicht), in
dessen Innerem Vietnamesinnen im bayrischen Dirndl servieren. Mit dem
Gedanken wiederzukommen, ziehe ich in Richtung Fluss weiter. Es ist
schon lange dunkel und auf dem Fluss sieht man von Weitem eine
traditionelle Dschunke, deren Segel beleuchtet sind. Später merke ich jedoch bei näherem Betrachten, dass das Boot überhaupt keine Segel hat und schon gar nicht traditionell ist. Ich überquere
den stark befahrenen Kreisel und setzte mich auf eine Bank am Rande
des Ufers; neben mir ein Restaurant. Während ich versuche ein paar
gute Bilder zu erhaschen, stört mich eine Stimme von hinten. Genervt
winke ich ab und schüttle den Kopf, ohne den Störenfried eines
Blickes zu würdigen. Es ist kraftraubend sich jedes Mal gegen
Bettler und Straßenverkäufer zur Wehr zu setzten. Verwundert, dass
er sich so leicht abwimmeln lies, drehe ich mich und bemerke, dass er
weder betteln noch verkaufen, sondern lediglich meine Bestellung
aufnehmen wollte, da ich mich offensichtlich auf der, dem Restaurant
zugehörigen, Terrasse befand. Ich denke darüber nach, wie
herabwürdigend ich auf ihn gewirkt haben muss und mache mich
beschämt auf den Weg. Auf dem Heimweg fällt mir ein kleines,
ausgestopftes Krokodil auf, dass in einem Laden ausgestellt ist. Ein
Schild teilt mir folgendes mit: ´Crocodile said:“please, do not
touch me“´. Ich denke über Sprachbarrieren nach und ob das
Krokodil noch leben würde, wenn es stattdessen den Satz „please,
do not stuff me“ gelernt hätte.
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